Betriebsvereinbarungen richtig gestalten

Betriebsvereinbarungen können erzwungen werden. Dies ist bei den Angelegenheiten, die der erzwingbaren Mitbestimmung unterliegen möglich. Erzwingbare Mitbestimmung besteht immer da, wo das Gesetz anordnet, dass bei einer Nichteinigung zwischen Arbeitgeber und BR die Einigungsstelle entscheidet. Nachfolgend die wichtigsten Fälle:

 

§ 37 Abs. 6 und 7: Schu­lungs- und Bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen für Be­triebs­rats­mit­glie­der

§ 39 Abs. 1: Zeit und Ort der Sprech­stun­den des Be­triebs­rats

§ 87 Abs. 2: Mit­be­stim­mung in so­zia­len An­ge­le­gen­hei­ten

§ 97 Abs. 2: Mit­be­stim­mung bei der Einführung be­trieb­li­cher Maßnah­men der Be­ru­fs­bil­dung§ 98 Abs. 1, 3, 4: Mit­be­stim­mung bei der Durchführung be­tr. Maßnah­men der Be­ru­fs­bil­dung

§ 112 Abs. 2 Satz 2: Ver­hand­lun­gen über ei­nen In­ter­es­sen­aus­gleich bei Be­triebsände­run­gen

§ 112 Abs. 4: Auf­stel­lung ei­nes So­zi­al­plans bei Be­triebsände­run­gen

Das Formulierungsdilemma

  • Einerseits müssen Betriebsvereinbarungen juristisch korrekt formuliert sein und klare rechtliche Regelungen enthalten. Die Wiederholung von Gesetzestexten oder die unbedachte Verwendung juristischer Fachbegriffe kann erhebliche Folgen haben.
  • Andererseits soll der Inhalt für die Arbeitnehmer leicht verständlich sein.

Die Lösung

  • Arbeitgeber und Betriebsrat sollten gemeinsam eine juristisch korrekte, sprachlich eindeutige Betriebsvereinbarung formulieren.
  • Im zweiten Schritt wird von Arbeitgeber und BR gemeinsam ein Unterrichtungsschreiben an die Belegschaft verfasst, dass in einfacher Sprache und anhand von Beispielen die Inhalte verständlich darstellt.

Wie ein Gesetzgeber regeln

Diejenigen, die Betriebsvereinbarung zu formulieren haben, also Arbeitgeber und Betriebsräte, haben bei der Formulierung häufig nicht die richtigen Adressaten im Kopf. Sie formulieren für diejenigen, die täglich damit zu tun haben werden, nämlich Arbeitnehmer und die jetzige Geschäftsleitung (oder vielleicht die Personalabteilung). Deswegen werden Begriffe,die allgemein im Betrieb bekannt sind und deren Bedeutung jeder im Betrieb kennt, auch nicht näher erläutert. Betriebsvereinbarungen sind aber "das Gesetz des Betriebes". Sie gelten häufig Jahrzehnte. Daraus ergibt sich, dass der Inhalt der vereinbarten Regelungen auch vom übernächsten Geschäftsführer und denjenigen, die in 10 Jahren im Betriebsrat sitzen, nachvollzogen werden muss. Wichtiger noch: Kommt es zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat oder zwischen Arbeitgeber und den betroffenen Arbeitnehmern zu Auseinandersetzungen über Rechte und Pflichten aus einer Betriebsvereinbarung, muss ein Arbeitsgericht entscheiden. Die Betriebsvereinbarung muss also so formuliert sein, dass auch betriebsfremde Personen sie Jahre später verstehen können.

Nicht mehr regeln, als gewollt

Manchmal besteht ein Beteiligungsrecht nur hinsichtlich der Frage wie etwas sein soll, nicht, ob etwas sein soll. Beispiel: Der Betriebsrat kann nicht erzwingen, dass eine Kantine geschaffen wird. Wenn der Arbeitgeber aber aber - mitbestimmungsfrei - die Eröffnung einer Kantine (das "Ob") beschließt, hat der Betriebsrat über deren Gestaltung (das "Wie?") mitzubestimmen. Wird jetzt in einer Betriebsvereinbarung vereinbart, dass der Arbeitgeber eine Kantine unterhalten muss, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Kantine zu betreiben, bis die Betriebsvereinbarung endet. Durch eine solche Betriebsvereinbarung hat sich der Arbeitgeber dann zu mehr verpflichtet, als er nach dem Gesetz muss. Das kann gewollt sein. Man sollte sich nur eben über diese Folge klar sein.